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Tierschutz in der Forschung

Die Universität Bayreuth nimmt das Anliegen Tierschutz ernst. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen verantwortlich mit Tieren als Lebewesen um und verpflichten sich dem Tierschutz. Sie folgen dazu einer sachgerechten Genehmigungspraxis, die die Anzeige oder ein Genehmigungsverfahren mit behördlichen Kontrollen vorsieht.

Biomedizinische Grundlagenforschung ist integraler Bestandteil der Universität Bayreuth. Auf Tierversuche kann zurzeit immer noch nicht vollständig verzichtet werden. Alle Forschenden der Universität Bayreuth müssen respektvoll mit der Aufgabe umgehen eine Balance zu finden zwischen zwei ethischen Verpflichtungen: Einerseits der Pflicht, eigenes Wissen und Fähigkeiten zur Minderung menschlichen und tierischen Leids einzusetzen und anderseits der Pflicht, anderen Wesen kein vermeidbares Leid zuzuführen.

Das Europäische Parlament hat 2010 die Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere erlassen, um in der tierexperimentellen Forschung einen hohen bioethischen Standard zu setzen. 2013 wurde das deutsche Tierschutzgesetz an die europäische Richtlinie angepasst.
Diese betont drei Leitlinien ("3R"-Prinzip) zur Sicherung des Tierschutzes in der Forschung:

  1. die Verringerung ("Reduction") der Anzahl von Tieren in einem Experiment,
  2. die Verfeinerung ("Refinement") von tierexperimentellen Methoden, um mögliches Leiden zu minimieren und das Wohlbefinden der Tiere zu verbessern, sowie
  3. die Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden ("Replacement") zum Tierversuch.

Alle Untersuchungen oder Eingriffe an Tieren, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können, gelten als Tierversuch. In der Forschung sind sie nur dann erlaubt, wenn ausschließlich auf diesem Weg neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Der Gewinn neuer Erkenntnisse ist damit auch der gesetzlich geforderte vernünftige Grund für die Forschung an Tieren. Die EU-Richtlinie geht über diese Interpretation hinaus und definiert jedes Verfahren, bei dem Tiere in der Wissenschaft eingesetzt werden, als ein genehmigungspflichtiges Vorhaben.

Das Tierschutzgesetz verlangt, dass Tierversuche nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie beispielsweise zum Zweck der Grundlagenforschung unerlässlich und im Hinblick auf die angestrebten Ergebnisse ethisch vertretbar sind. Wissenschaftliche und medizinische Durchbrüche sind ohne die Erkenntnisse, die die Grundlagenforschung hervorbringt, nicht denkbar. Im Tierversuch gewonnene Erkenntnisse sind als Grundlage für das Verständnis von Erkrankungen und ihre Behandlung unentbehrlich. In der biomedizinischen Grundlagenforschung helfen Tierversuche dabei, bisher unbekannte, grundlegende biologische Zusammenhänge aufzuklären sowie deren Störungen beim Menschen und bei Tieren besser zu verstehen.

Selbst modernste "in vitro"-Verfahren der Zell- oder Gewebekultur sind ungeeignet, wenn physiologische Vorgänge eines Organismus erforscht werden sollen, bei denen verschiedene Gewebe oder Organe miteinander interagieren und komplexe Vorgänge, wie Verhalten oder Entwicklung, regulieren. Erkenntnisse aus Tierversuchen sind deshalb in bestimmten Bereichen der Grundlagenforschung weiterhin notwendig.

Grundsätzlich muss jeder Tierversuch, bevor er durchgeführt werden kann, von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Im Antrag muss das geplante Versuchsvorhaben umfassend wissenschaftlich begründet und nachgewiesen werden, dass die personellen und räumlichen/technischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des Vorhabens gegeben sind. Selbstverständlich ist das auch an der Universität Bayreuth der Fall. Die qualifizierte Durchführung von Tierversuchen wird durch gut ausgebildete, umsichtige und für das Tier sensibilisierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Tierpflegerinnen und Tierpfleger vorgenommen. Das deutsche Recht schreibt den dafür erforderlichen Kenntnis- und Ausbildungsstand genau vor, bevor Versuche an und mit Tieren durchgeführt werden dürfen.

Unsere Tierversuche werden genauestens dokumentiert und von den Behörden kontrolliert. An der Universität selber wird eine interne Kontrolle durch Tierschutzbeauftragte, in der Regel entsprechend qualifizierte Tierärztinnen oder Tierärzte, durchgeführt. Sie überprüfen und nehmen zu den Tierversuchsanträgen Stellung. Außerdem beraten sie die Forschenden und wirken innerbetrieblich auf die Umsetzung des 3R-Prinzips ein. Tierschutzbeauftragte sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsfrei und übernehmen auch die tierärztliche Versorgung der Tiere. In ihrer Tätigkeit werden sie durch einen Tierschutzausschuss unterstützt, dem wissenschaftliches Personal und Tierpflegerinnen oder Tierpfleger angehören.

Ihre Ansprechpartnerin: 

Pressestelle

Servicestelle Presse, Marketing und Kommunikation

E-Mail: pressestelle@uni-bayreuth.de
Gebäude Zentrale Universitätsverwaltung (ZUV)
Universitätsstraße 30, 95447 Bayreuth 

Logo der Initiative "Tierversuche verstehen"

„Tierversuche verstehen“ ist eine Initiative der deutschen Wissenschaft, koordiniert von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Sie informiert umfassend, aktuell und faktenbasiert über Tierversuche an öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen. „Tierversuche verstehen“ fördert den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und trägt zu einer sachlichen Diskussion über Tierversuche bei.

Aktuelles zur Tierforschung

Stellungnahme zur Pressemitteilung "Herz aus Stein” von Ärzte gegen Tierversuche e.V. vom 27. Februar 2023

1. Tierversuche an der Universität Bayreuth   

Die Universität Bayreuth nimmt die Erfordernisse des Tierschutzes sehr ernst. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Forschung und Lehre an der Universität Bayreuth tätig sind, sowie alle ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dem Tierschutz verpflichtet und gehen verantwortlich mit dem Tier als Lebewesen um. Die Universität Bayreuth weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) herausgegebene Broschüre „Tierversuche in der Forschung“ hin, welche die wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und ethischen Aspekte dieser Thematik in hervorragender Weise zusammenfasst. Den darin enthaltenen Argumenten und Empfehlungen in Bezug auf den Umgang mit Tieren in der Wissenschaft schließt sich die Universität Bayreuth an. Das Dokument steht der Öffentlichkeit zum Download zur Verfügung unter: https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/160201_tierversuche_forschung_de.pdf  

Die von „Ärzte gegen Tierversuche“ thematisierten Tierversuche am Lehrstuhl für Tierphysiologie der Universität Bayreuth stehen mit den hier dargelegten Empfehlungen – insbesondere was den respektvollen Umgang mit dem Tierwohl betrifft - im Einklang, sie widersprechen Ihnen in keiner Weise. Wenn „Ärzte gegen Tierversuche“ in der heutigen Pressemitteilung den Eindruck zu erwecken sucht, diese Tierversuche seien „absurd und grausam“, ist dies in der Sache nicht begründet. Es ist bedauerlich, dass „Ärzte gegenTierversuche“ den potenziellen humanmedizinischen Nutzen dieser Versuche nicht erkennt und fälschlicherweise den Eindruck erweckt, der Lehrstuhl für Tierphysiologie habe Tieren schweres Leid zugefügt – und dies ohne erkennbaren wissenschaftlichen Zweck.   

2. Biologische Fragestellung mit humanmedizinischem Bezug   

Schon lange ist es in der biologischen Grundlagenforschung ein ungeklärtes Rätsel, weshalb starkelektrische Fische – beispielsweise Zitterwelse –sich mit ihren Entladungen nicht selbst schaden. Diese Frage stand im Mittelpunkt der Tierversuche am Lehrstuhl für Tierphysiologie. Es ist eine Frage der biologischen Grundlagenforschung, die aber zugleich humanmedizinische Relevanz hat. Denn wenn man weiß, auf welche Weise die Muskulatur von starkelektrischen Fischen gegen Elektroschocks geschützt ist, helfen diese Erkenntnisse bei der Beantwortung der Frage, wie menschliche Herzmuskeln gestärkt werden können. Herzstörungen zählen zu den Haupttodesursachen bei Menschen. Anders als „Ärzte gegen Tierversuche“ auf seiner Website www.herz-aus-stein.de nahezulegen versucht, hat der Lehrstuhl für Tierphysiologie keinen Anwendungsbezug nachträglich künstlich „konstruiert“. Vielmehr hatten Prof. Schuster und sein Team genau diesen humanmedizinischen Anwendungsbezug bei ihren Versuchen an Zitterwelsen und Goldfischen von vornherein im Blick.   

3. Experimente an Zitterwelsen: Goldfische als Vergleichsgruppe   

Im Zentrum der Versuche standen Zitterwelse als starkelektrische Fische. Um aber experimentell herauszufinden, wie die Muskulatur von starkelektrischen Fischen gegen Elektroschocks geschützt ist, bedarf es des Vergleichs mit anderen Fischen, die über diesen Schutz nicht verfügen. Deshalb wurden Goldfische als Vergleichsgruppe ausgewählt. Die Versuche an Goldfischen waren – anders als es die Pressemitteilung von „Ärzte gegen Tierversuche“ nahelegen könnte – kein Selbstzweck, sondern dienten dem Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Zitterwelse.   

4. Folgen und Rahmenbedingungen der Experimente:   

Die Goldfische haben alle Versuche überlebt. Sie alle haben anschließend ihre Atmung wieder aufgenommen, haben ganz normal gefressen und sind weiter gewachsen. Sie haben keine Beeinträchtigungen davongetragen. Zudem hat der Lehrstuhl für Tierphysiologie darauf geachtet, dass die Fische nicht leiden mussten. 

  1. Die Goldfische wurden vor den Zitterwelsen geschützt, die sie sonst hätten fressen können. 
  2. Die Versuche wurden mit sog. Defensiventladungen durchgeführt, die im Gegensatz zu Beutefangentladungen definitiv nicht tödlich sind. 
  3. Für die Versuche wurde ein Elektrofischgerät verwendet, das im Umweltschutz zur Bestandsaufnahme von Fischen regelmäßig eingesetzt wird. Eben weil das Gerät im Naturschutzbereich verwendet wird, gibt es dazu ein umfassendes Hintergrundwissen.  

5. Veröffentlichung   

Die Forschungsarbeiten und -ergebnisse sind für alle Interessenten jederzeit abrufbar https://doi.org/10.1242/jeb.239855. Es handelt sich um eine „open access2-Veröffentlichung".