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Universität Bayreuth, Pressemitteilung Nr. 073/2024 vom 17.07.2024

Wie das Wasser auf die Erde kam

Eine Gruppe von Forschern und Forscherinnen unter Beteiligung einer Bayreuther Wissenschaftlerin hat sich der Frage nach der Entstehung von Wasser auf der Erde angenähert. Sie konnten nachweisen, dass Asteroidenbruchstücke Wasser-Transporteure waren, und zwar jene, die sich erst später in der Entstehung unseres Sonnensystems und weit entfernt von der Sonne entwickelt haben. Die Studie erschien soeben in Scientific Reports (Nature Portfolio).

What for?

Wasser ist die Grundlage allen uns bekannten Lebens. Doch wie kam das Wasser auf die Erde? Bei der Entstehung der Planeten entstanden durch Akkretion – ein Prozess, bei dem Materie durch die Anziehungskraft eines Himmelskörpers angesammelt wird - planetare Urbausteine, die Planetesimale. Früh geformte Planetesimale waren zu heiß für Wasser – sie konnten keines zur Erde gebracht haben. Untersuchungen von Meteoriten mit späterem Ursprung im äußeren Sonnensystem zeigen jetzt, dass deren Mutterkörper später und bei tieferen Temperaturen entstanden. Das in ihnen verbliebene Wasser konnte später durch Meteorite und Asteroiden zur Erde gelangen. Diese Erkenntnisse sind für die Planetenforschung und die Exploration des Sonnensystems von großer Bedeutung.

Woher das Wasser in Ozeanen oder Wolken auf der Erde stammt, ist seit langem Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Ein beträchtlicher Teil stammt aus dem Erdinneren, von Vulkanen in die Atmosphäre geblasen worden sein und dann als Regen die ersten Ozeane teilweise gefüllt haben. Aber woher kam das Wasser ursprünglich? Das Material, aus dem die Erde entstand, enthielt nicht so viel Wasser, wie der Planet jetzt hat, daher muss es andere Quellen gegeben haben. Kam also noch Wasser von außerhalb hinzu und wann? Millionen von Asteroidenbruchstücken aus weit von der Sonne entfernten Zonen des Sonnensystems haben nach aktuellem Forschungsstand eine erhebliche Menge des Wassers auf die Erde gebracht haben.

Eine jetzt veröffentliche Studie zeigt nun, dass dies nur möglich war, weil sich wasserreiche Urbausteine des Sonnensystems später, langsamer und bei tieferen Temperaturen bildeten als Planetesimale weiter innen im Sonnensystem, die kein oder kaum Wasser oder Eis enthalten konnten.

„Wäre es nicht zu dieser Verzögerung bei der Bildung der Planetesimale gekommen, wäre die Erde heute ein knochentrockener Planet“, sagt Dr. Wladimir Neumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Institut für Geodäsie der Technischen Universität Berlin. Er ist Erstautor der jetzt im Wissenschaftsmagazin Scientific Reports (Nature Portfolio) veröffentlichten Studie: „Vereinfacht gesagt war die Entfernung der Planetesimale von der Sonne bei ihrer Entstehung entscheidend dafür, welche Bestandteile in ihnen eingebaut wurden.“ Dabei erfolgte die Formung von Planetesimalen weit draußen etwas verzögert und langsamer als im Inneren Sonnensystem, vor allem aber immer wieder aufs Neue. „Die späten Planetesimale wurden nicht so heiß und verloren deshalb nicht das in ihnen enthaltene Wasser. Später gelangten viele dieser wasserreichen Planetesimale ins Innere Sonnensystem und dürften damit der Erde große Mengen an Wasser gebracht haben.“ So könnte auch der äußere Nachbarplanet Mars zu dem Wasser gekommen sein, das er zwar inzwischen fast vollkommen wieder verloren hat, dessen Spuren wir aber heute noch sehen. Auch für die Venus wird diskutiert, dass sie in ihrer Frühzeit einige hundert Millionen Jahre lang Wasser gehabt haben könnte.

Die Urbausteine der Planeten entstanden in nur wenigen Millionen Jahren

Für astronomische Verhältnisse ging in den frühesten Zeiten des Sonnensystems alles sehr schnell. Nach der Explosion zweier oder mehr „ausgebrannter“ Sterne in einem der Spiralarme der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, verdichteten sich die Gase dieser Supernovae-Reste, um einen neuen Stern zu bilden. Vor viereinhalb Milliarden Jahren hatte er so viel Masse angesammelt, dass in seinem Inneren Wasserstoffatome zu Helium verschmelzen konnten und dabei Energie erzeugt wurde: Die Sonne war entstanden. Sie wurde umkreist von einer Milliarden Kilometer weit ins All reichenden Scheibe aus Staub und Gas.

Dort entstanden die Urbausteine der Planeten. Meteorite, Bruchstücke von Mutterkörpern, die damals entstanden, legen davon Zeugnis ab. Die meisten Meteorite sind Chondrite, etwa 86 Prozent. Die Chondren, Kügelchen, entstanden innerhalb weniger Millionen Jahre in dieser protoplanetaren Scheibe, indem geschmolzenes Material Tropfen formte. Sie erstarrten und ballten sich dann zusammen mit Staub und Gasen, darunter auch Wasser, zu größeren Körpern zusammen, den Planetesimalen.

Vor rund viereinhalb Milliarden Jahren war die Planetenentstehung also schon relativ kurz nach dem „Zünden“ der Sonne vor 4,568 Milliarden Jahren abgeschlossen. Weil aber noch unzählige kleine Körper übrigblieben, waren es sehr unruhige Zeiten im Sonnensystem mit um viele Größenordnungen häufigeren Einschlägen von Asteroiden und Kometen auf den jungen Planeten. Insbesondere Asteroiden aus der äußeren Zone des Hauptgürtels zwischen Mars und Jupiter, die jenseits einer als „Schneegrenze“ bezeichneten Sonnenentfernung entstanden sind, dürften der Erde große Anteile ihres Wassers geliefert haben.

Mit mehr Zeit entstandene Asteroidenmutterkörper werden für Wasser nicht zu heiß

Wie also konnten sich dann doch Mutterkörper von Meteoriten bilden, die kalt genug waren, das leichtflüchtige Wassermolekül nicht zu verlieren? Den Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage fanden Wladimir Neumann und seine Mitautoren vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg, der Universität Bayreuth und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich in der Untersuchung einiger kohlenstoffreicher Meteorite, deren Mutterkörper fern der Sonne entstanden sein mussten.

Darunter befand sich auch der 25 Gramm schwere „Flensburg-Meteorit“, der am 12. September 2019 in Norddeutschland vom Himmel gefallen war. Er enthält Minerale, die allesamt nur in Verbindung mit Wasser kristallisieren konnten, und dessen Mutterkörper 2,7 Millionen Jahre nach der Entstehung der Akkretionsscheibe, also nach dem Zeitpunkt „Null“ entstanden ist. In der Studie wurden auch Tafassite untersucht - sie wurden am Bayerischen Geoinstitut an der Universität Bayreuth von den Co-Autoren Ning Ma (heute Doktorand an der ETH) und Prof. Dr. Audrey Bouvier entdeckt. Die Tafassite bilden eine Gruppe von primitiven Achondriten: erhitzte, teilweise geschmolzene Meteoriten, benannt nach dem im Jahr 2000 in Niger gefundenen Tafasset-Meteoriten. Diese neue Gruppe von Meteoriten wurde am BGI von den Koautoren Ning Ma (jetzt Doktorand an der ETH) und Prof. Bouvier beschrieben. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung sind diese Meteoriten im äußeren Sonnensystem (jenseits des Jupiters) entstanden. Sie zeigen, dass ihre Mutterkörper früher entstanden sind als nicht erhitzte Planetesimale, die sich in der gleichen Region des Sonnensystems gebildet haben. Es dauerte nur 1,1 Millionen Jahre nach dem Zeitpunkt "Null", bis sie sich bildeten. Andere erhitzte Meteoriten bildeten sich sogar noch früher, nämlich innerhalb von 0,6 Millionen Jahren nach der Entstehung der Sonne. Vergleicht man nun andere Meteoriten von Planetesimalen, die sich aus demselben Staubmaterial gebildet haben, so zeigt sich, dass es im Bereich zwischen weniger als 0,6 und 3,7 Millionen Jahren nach der Sonnenentstehung zu einer wiederholten Bildung von Planetesimalen kam. Die zuletzt gebildeten haben mehr Wasser und wasserhaltige Mineralien erhalten als die früh gebildeten.

Originalpublikation: Neumann, W., Ma, N., Bouvier, A. et al. Recurrent planetesimal formation in an outer part of the early solar system. Sci Rep 14, 14017 (2024).

DOI: https://doi.org/10.1038/s41598-024-63768-4;

Prof. Dr. Audrey Bouvier

Prof. Dr. Audrey Bouvier

Experimentelle Planetologie, Bayerisches Geoinstitut (BGI)

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E-Mail: audrey.bouvier@uni-bayreuth.de

Anja Maria Meister

Anja-Maria Meister

Pressesprecherin der Universität Bayreuth

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