Logo Universität Bayreuth

Universität Bayreuth, Pressemitteilung Nr. 078/2024 vom 31.07.2024

Halbe Million Euro für Forschungsprojekt an der Universität Bayreuth

Dokumente und Sedimente wollen Forschende an der Universität Bayreuth zusammenbringen: „X-Archives. Methodische Brücken zwischen Geomorphologie und Geschichtswissenschaft“ heißt das Projekt, das die Volkswagen Stiftung ab Herbst mit 538.400 Euro finanziert.

Das Archiv der Geschichtswissenschaft: Titelblatt einer vormodernen Akte aus dem Staatsarchiv Bamberg (zu Bergwerken und Hammergütern in Oberfranken).

What for? 

Geomorphologie befasst sich mit der Erforschung der Formen der Erdoberfläche und den Prozessen, die diese Formen schaffen und verändern. Es geht also darum, wie Berge, Täler, Flüsse und andere Landschaftsformen entstehen und sich über die Zeit hinweg entwickeln. Die Geschichtswissenschaft analysiert historische Ereignisse, Entwicklungen, Personen und Kulturen, um zu verstehen, wie sie die Gegenwart beeinflussen und welche Bedeutung sie für die Zukunft haben können. Historikerinnen und Historiker verwenden dabei verschiedene Quellen wie Dokumente, Artefakte und mündliche Überlieferungen, um ein möglichst genaues Bild der Vergangenheit zu rekonstruieren. Beide Disziplinen unterscheiden sich fundamental in Arbeitsweisen, Denkstil, wissenschaftlicher Sozialisation und Publikationsstruktur. Ziel ist es, durch die gemeinsame Bearbeitung geomorphologischer und historischer Archive Barrieren in der Kommunikation zwischen den Disziplinen abzubauen und die methodischen Ansätze frühzeitig zu koordinieren.

Von der Förderline „Pioniervorhaben“ profitieren Prof. Dr. Martin Ott, Leiter des Instituts für Fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bamberg und Bayreuth, Prof. Dr. Oliver Sass, Lehrstuhl für Geomorphologie Uni Bayreuth, und Prof. Dr. Astrid Swenson, Lehrstuhl für Europäische Geschichtskulturen Uni Bayreuth. Die drei möchten einen „Übersetzungscode” zwischen geschichts- und geowissenschaftlichen Forschungsfragen, Archiven, Methoden und Erkenntnissen schaffen. Daten aus der Geschichte und aus der Erdgestaltung sollen zusammengebracht und in einer Datenbank so aufbereiten werden, dass sie für beide Fachbereiche verständlich sind.

Testgebiet ist das obere Einzugsgebiet der Eger im Nordosten Bayerns. Diese Region eignet sich gut, weil dort zwei Arten von “Spuren” menschlichen Handelns vorliegen: historische Quellen und Zeugnisse geomorphologischer Prozesse in Flusstälern. Historische Quellen sind in erster Linie Texte in Archiven, die etwa darüber informieren, wie viele Menschen zu welcher Zeit unter welchen Bedingungen dort lebten, aber auch, wie sie auf die Umwelt einwirkten. In den Flussauen sind mit den Sedimentablagerungen ebenfalls „Archive“ entstanden, die Hinweise auf menschliche Präsenz und Aktivitäten geben. „Unsere große Herausforderung liegt darin, die Informationen aus beiden ‚Archiven‘ in Verbindung zu setzen“, sagt Ott: „Würden wir zum Beispiel herausfinden, wie sich eine – aus historischen Archiven belegte – steigende Bevölkerungszahl auf die Sedimentablagerungen auswirkt, ließe sich aus den Fluss-‚Archiven‘ die Bevölkerungszahl auch für Zeiten ablesen, für die historischen Quellen fehlen. Umgekehrt ließe sich ermitteln, welche Spuren sich verändernde Umweltbedingungen wie Fluten oder Klimawandel in historischen Quellen hinterlassen.“ Swenson fügt an: „Durch das Verschränken unserer Forschungen wollen wir die Haltung zum eigenen Material und den Erkenntnisgewinn für beide Disziplinen, und die Umweltwissenschaften im erweiterten Sinn, entscheidend erhöhen.“ Dabei geht es nicht nur darum, die Ergebnisse der jeweils anderen Disziplin für die eigenen Forschungsinteressen nutzbar zu machen. Sass erläutert: „Hier geht es um eine Verschränkung der eigentlichen Arbeiten von Projektbeginn an, also um ein ‚Pingpong-Spiel‘ zwischen den Disziplinen.“

Die Egerquelle im Fichtelgebirge.

Das Archiv der Geomorphologie: Ein Sedimentprofil aus dem Flusssystem der Eger in Oberfranken.

Über das Programm „Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten“  der Volkswagenstiftung: Die Projekte haben die Chance, große Durchbrüche in der Grundlagenforschung zu erzielen – oder ihre Ziele zu verfehlen. Auch die Option des Scheiterns kann ausdrücklich einkalkuliert sein, da nur so entsprechende Risiken eingegangen werden und im Erfolgsfall hohes Erkenntnispotenzial besteht.

Foto von Prof. Dr. Martin Ott

Prof. Dr. Martin OttInstitut für Fränkische Landesgeschichte

Telefon: +49 (0) 921 / 55-4235,
                +49 (0) 9228 / 99605-16 (Sekretariat)
E-Mail: martin.ott@uni-bayreuth.de

Campus-Büro Uni Bayreuth:
Zimmer 2.10, Gebäude Geisteswissenschaften II (GW II)
Universitätsstraße 30,95447 Bayreuth

Schloss Thurnau (Sitz des Instituts für Fränkische Landesgeschichte)

Foto von Prof. Dr. Astrid Swenson

Prof. Dr. Astrid Swenson

Lehrstuhl für Europäische Geschichtskulturen

Tel.: +49 (0)9228 / 99 605 – 45
E-Mail: astrid.swenson@uni-bayreuth.de

Foto von Prof. Dr. Oliver Sass

Prof. Dr. Oliver Sass

Lehrstuhl für Geomorphologie

Tel.: +49 (0) 921 / 55-2265
E-Mail: oliver.sass@uni-bayreuth.de

Portraitbild von Anja Maria Meister

Anja-Maria MeisterPressesprecherin Universität Bayreuth

Telefon: +49 (0) 921 / 55 - 5300
E-Mail: anja.meister@uni-bayreuth.de