Universität Bayreuth, Pressemitteilung Nr. 102/2025 vom 21.11.2025
„Humanitarian Studies“: Neues Wissenschaftsnetzwerk entsteht an der Universität Bayreuth
Die Gerda Henkel Stiftung bewilligt eine Million Euro für den Ausbau der Humanitarian Studies in Deutschland. Das vierjährige Projekt wird bei Prof. Dr. Joël Glasman am Institut für Afrikastudien an der Universität Bayreuth angesiedelt.

Die internationale humanitäre Hilfe steht vor gewaltigen Herausforderungen. Die Krisen nehmen zu, die finanziellen Mittel schrumpfen, und Hilfslieferungen werden zunehmend angegriffen. Die USA, Großbritannien und Italien haben massive Kürzungen durchgesetzt; auch die Bundesregierung hat Sparmaßnahmen angekündigt. Wie kann die humanitäre Hilfe effizienter, gerechter und professioneller werden? In anderen Ländern existiert ein eigenes Wissenschaftsfeld, das solche Fragen untersucht: die Humanitarian Studies. In Deutschland befinden sich die Humanitarian Studies jedoch noch im Entstehen. Das Interesse und der Bedarf an wissenschaftlicher Analyse sind groß, das Angebot aber noch gering. An der Universität Bayreuth entsteht nun ab 2026 am Lehrstuhl für die Geschichte Afrikas (Prof. Dr. Joël Glasman) in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bochum (Prof. Dr. Dennis Dijkzeul) und Magdeburg (PD Dr. Kristina Roepstorff) sowie dem Centre for Humanitarian Action (CHA) in Berlin ein „Wissenschaftsnetzwerk Humanitarian Studies“, Dank einer Förderung in Höhe von einer Million Euro der Gerda Henkel Stiftung.
Die Humanitarian Studies erforschen, wie Krisen entstehen, wie sie Gesellschaften prägen und wie sie bewältigt werden können – und sie sind in der Lage, eine wissenschaftlich fundierte Kritik zu üben.
Das Teilprojekt am Institut für Afrikastudien (IAS) der Universität Bayreuth ist der „Gleichgültigkeit“ gewidmet. Ausgangspunkt des Projekts ist die Annahme, dass gesellschaftliche Indifferenz gegenüber dem Leid anderer historisch erzeugt wird – als Ergebnis einer langfristigen Zerstörung von Empathie.
Untersucht wird die Geschichte der Zerstörung humanitärer Wissenspraktiken. Dabei verbindet das Projekt philosophische Debatten über „bürgerliche Kälte“, Verdinglichung, Unsichtbarkeit und „white apathy“ mit einem empirisch fundierten Blick auf konkrete historische Praktiken der Destruktion. „Mit den Humanitarian Studies geht es auch darum, sich für eine Wissenschaft zu engagieren, die gesellschaftsrelevant ist, in engem Austausch mit Hilfsorganisationen steht, und zugleich kritisch und unabhängig bleibt“, so Prof. Dr. Joël Glasman, Professor für Geschichte mit dem Schwerpunkt Afrika an der Universität Bayreuth.

Über die Gerda Henkel Stiftung
Die Gerda Henkel Stiftung wurde im Juni 1976 von Lisa Maskell zum Gedenken an ihre Mutter Gerda Henkel als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Düsseldorf errichtet.
Die Förderungen der Gerda Henkel Stiftung gelten den Historischen Geisteswissenschaften. Forschungen, die aktuelle Problemlagen in größere historische Zusammenhänge stellen oder auch gezielt gegenwarts- und zukunftsbezogene Themen in den Blick nehmen, werden in zeitlich begrenzten Programmen unterstützt, wie etwa im Sonderprogramm „Flucht“ oder in den Förderschwerpunkten „Demokratie“ und „Lost Cities“. Im Rahmen des Lisa Maskell Stipendienprogramms fördert die Stiftung junge Geisteswissenschaftler in Afrika. In ihrem Förderschwerpunkt „Patrimonies“ setzt sie sich für den Erhalt kulturellen Erbes vor allem in Krisenregionen ein. Im Zusammenhang mit geförderten Projekten gewährt die Stiftung im Rahmen von ergänzenden Vorhaben auch Mittel für soziale Begleitmaßnahmen. Die Gerda Henkel Stiftung kann ihre Zwecke im In- und Ausland verwirklichen.
Gegenwärtig betreut die Geschäftsstelle 1.991 laufende Projekte, und in den fast 50 Jahren des Bestehens der Stiftung wurden weltweit über 8.600 Forschungsprojekte mit rund 310 Millionen Euro unterstützt.

Prof. Dr. Joël GlasmanLehrstuhl Geschichte Afrikas
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Jennifer OpelStellv. Pressesprecherin Universität Bayreuth
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