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Universität Bayreuth, Pressemitteilung Nr. 034 /2023 vom 30.03.2023

Bayreuther Studie erforscht Wirkungen von Isoeugenol auf Fische und stärkt dadurch den Tierschutz

Isoeugenol ist ein in Pflanzen enthaltener Duftstoff, der in Anlagen zur Fischzucht und in Aquakulturen sehr häufig als Betäubungsmittel eingesetzt wird. Ein Forschungsteam am Lehrstuhl für Tierphysiologie an der Universität Bayreuth hat jetzt die genaue Wirkungsweise von Isoeugenol bei Fischen untersucht. Die in „Communications Biology“ veröffentlichte Studie zeigt, wie und in welchen Dosierungen sich der Wirkstoff auf die Aufnahme und Weiterleitung von Sinnesreizen und auf deren Verarbeitung im Gehirn der Fische auswirkt. Die neuen Erkenntnisse ermöglichen im Interesse des Tierwohls schonendere und zielgenauere Anwendungen.

Die im Gehirn von Fischen vorkommenden Mauthner-Zellen verarbeiten alle Informationen, die den Fischen aufgrund ihrer Sinnessysteme zur Verfügung stehen. Frühere Untersuchungen am Lehrstuhl für Tierphysiologie haben ergeben, dass sie ein geradezu idealer Prüfstein sind, um die genauen Wirkungen eines Betäubungsmittels auf die Fische festzustellen. Daran knüpft die neue Studie an: Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand die Frage, ob Isoeugenol die Sinnessysteme von Fischen beeinträchtigt oder die Übermittlung von sensorischen, aus der Umwelt aufgenommenen Informationen an das Gehirn blockiert oder ob es die Verarbeitung dieser Informationen im Gehirn verhindert.

Erstautor Dr. Peter Machnik in einem Labor des Lehrstuhls für Tierphysiologie der Universität Bayreuth.

„Isoeugenol ist bei Fischen ein sehr effektives Betäubungsmittel, das beispielsweise während der Behandlung der Fische gegen Parasiten eingesetzt wird. Worauf die betäubende Wirkung des Isoeugenol beruht, war bisher aber unklar. Wir konnten nachweisen, dass Isoeugenol hauptsächlich die Sinnessysteme der Fische beeinflusst, also die Aufnahme von Information aus der Umwelt verhindert. Schon vergleichsweise geringe Mengen reduzieren massiv das Sehvermögen, deutlich höhere Dosierungen sind für eine Ausschaltung des Hörvermögens erforderlich. Alle Sinnessysteme erholen sich aber nach der Verabreichung von Isoeugenol rasch und vollständig wieder“, sagt Erstautor Dr. Peter Machnik, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Tierphysiologie. Die neuen Befunde widerlegen die in der Forschung bisher verbreitete Annahme, Isoeugenol würde die Natriumkanäle im zentralen Nervensystem der Fische blockieren und auf diesem Weg die Verarbeitung sensorischer Information im Gehirn verhindern. Hauptsächlich fungiert der Wirkstoff als ein Lokalanästhetikum. Erst bei einer Verabreichung hoher Dosierungen war für die Bayreuther Forscher auch eine Wirkung auf zentrale Nervenzellen erkennbar, die aber nicht durch eine Blockade von Natriumkanälen bedingt war.

Die Autoren der Studie schätzen Isoeugenol als ein Betäubungsmittel ein, das gezielt angewendet sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der Fischzucht geeignet ist, den Tieren Stress und Schmerz zu ersparen. Es hat nicht nur eine betäubende, sondern auch eine beruhigende Wirkung auf die Fische. Als Betäubungsmittel bei invasiven Eingriffen oder zur Beruhigung von Fischen während der Untersuchung ihrer Sensorik, beispielsweise im Zusammenhang mit einer Erforschung der Sinnessysteme von Fischen, hat sich Isoeugenol jedoch als ungeeignet erwiesen – schon deshalb, weil die Untersuchungen gezeigt haben, dass die gleiche Dosierung auf verschiedene Fische sehr unterschiedlich wirkt und die gewünschte Wirkung nicht immer gewährleistet ist.

„Vor kurzem haben wir die Studie auf der Jahrestagung der German Neuroscience Society in Göttingen vorgestellt. Unsere Ergebnisse zu den Wirkungen von Isoeugenol stießen auf ein großes wissenschaftliches Interesse. Sie wurden vor allem als ein wertvoller Beitrag für den künftigen Tierschutz eingeschätzt, weil Isoeugenol heute weltweit in vielen Fischfarmen zum Einsatz kommt, ohne dass genaue Erkenntnisse über seine Wirkungen und über die nötigen Dosierungen vorliegen,“, sagt Prof. Dr. Stefan Schuster, Inhaber des Lehrstuhls für Tierphysiologie an der Universität Bayreuth.

Veröffentlichung:
Peter Machnik, Nastaran Biazar, Stefan Schuster: Recordings in an integrating central neuron reveal the mode of action of isoeugenol. Communications Biology (2023), DOI: https://doi.org/10.1038/s42003-023-04695-4

Prof. Dr. Stefan Schuster

Prof. Dr. Stefan Schuster

Lehrstuhl für Tierphysiologie

Telefon: 0921 / 55-2470
E-Mail: stefan.schuster@uni-bayreuth.de

Dr. Peter Machnik.

Dr. Peter Machnik

Lehrstuhl für Tierphysiologie

Telefon: 0921 / 55-2473
E-Mail: peter.machnik@uni-bayreuth.de

Christian Wißler

Christian Wißler

Stellv. Pressesprecher, Wissenschaftskommunikation der Universität Bayreuth

Telefon: 0921 / 55-5356
E-Mail: christian.wissler@uni-bayreuth.de