Ein zentraler Aspekt der Forschungsarbeiten werden die Mechanismen sein, die in den sozialen Medien für Hassreden oder Cybermobbing eingesetzt werden und sich vorsätzlich gegen Menschen mit Behinderung richten. Trotz ihrer weitreichenden Auswirkungen auf gesellschaftliche Prozesse sind sie in der linguistischen Forschung bislang nicht beachtet worden. „Die Antidiskriminierungsstellen in Deutschland haben erklärt, dass verbale Angriffe gegen Minderheiten seit Beginn der Covid-19-Pandemie um rund zehn Prozent zugenommen haben. Davon waren auch Menschen mit Behinderung betroffen. Mir liegt es am Herzen, solche Formen kommunikativer Diskriminierung aufzuzeigen und mit linguistischer Forschung dagegen anzukämpfen“, sagt Fábián-Trost. Sie versteht ihr Projekt auch als einen Beitrag zu den Intersektionalitätsstudien. Diese fächerübergreifende Forschungsrichtung untersucht kategorial verschiedene Eigenschaften, die sich überschneiden und dadurch gleichzeitig zum Gegenstand von Diskriminierung werden – wie beispielsweise ethnische Herkunft, religiöse Überzeugung, Geschlecht, sozialer Status, körperliche oder kognitive Behinderung.
„Das vom bayerischen Wissenschaftsministerium ausgezeichnete Forschungsprojekt ist in methodischer Hinsicht sehr spannend: Es führt mit Bezug auf eine drängende gesellschaftliche Herausforderung verschiedene sprachwissenschaftliche Forschungsgebiete zusammen: Semantik, Pragmatik, Diskursanalyse, Internetlinguistik, Sprachkritik und die Interaktionale Linguistik, die eine vergleichsweise junge Forschungsrichtung ist. Dieser in mehrfacher Hinsicht integrative Forschungsansatz ist hervorragend geeignet, um den kommunikativen Aushandlungsprozessen auf die Spur zu kommen, die heute an der Inklusion oder umgekehrt an der Diskriminierung von Minderheiten beteiligt sind“, sagt die Bayreuther Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Karin Birkner, die dem Vorstand der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) angehört und an der Universität Bayreuth vor kurzem als stellvertretende Frauenbeauftragte wiedergewählt wurde.
Zur Person:
Annamária Fábián-Trost absolvierte an der Universität Passau den Bachelor-Studiengang „European Studies“ sowie den Master-Studiengang „Medien und Kommunikation“. Nach einem Promotionsstudium in der Deutschen Sprachwissenschaft an den Universitäten in Regensburg, Bamberg und Klagenfurt schloss sie ihre Promotion an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt mit dem höchsten Prädikat „sehr gut mit Auszeichnung“ ab. Ihre Dissertation zum Thema „Modalverben in der politischen Argumentation – Eine grammatische, semantische, diskursanalytische, konversationsanalytische und kognitionslinguistische Untersuchung des Modalverbgebrauchs in Bundespressekonferenzen“ ist eine Fallstudie zur linguistischen Analyse persuasiver (auf Überzeugung ausgerichteter) politischer Kommunikation.